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Notaufnahme Alexianer Krankenhaus Hedwigshöhe

Die Notaufnahme ist auf akute Notfälle in folgenden Bereichen spezialisiert:

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  • Pädiatrie/Kinderheilkunde
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Alexianer Krankenhaus Hedwigshöhe
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(030) 6741-2640

Zugang:
Eingang Grottewitzstraße
Hauptgebäude, Erdgeschoss


Ihr Weg zu uns:

Ihr Weg zu uns

Mit Mut gegen die Angst

Wenn die Angst aus dem Ruder läuft, verändert sich das Leben von Betroffenen meist drastisch: Sorgen hindern am Einschlafen, S-Bahn-Fahren erscheint unmöglich, soziale Situationen werden nur mit großer Anspannung durchstanden. Langsam aber sicher bestimmt die Angst den Alltag. Das muss nicht so sein! Wir unterstützen Sie dabei, Wege aus der Angstfalle zu finden und Ihr Leben wieder aktiv zu gestalten.

Die Angstsprechstunde ist Teil des Behandlungsangebots der PIA in der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik im Alexianer Krankenhaus Hedwigshöhe. 

Im Rahmen unserer Sprechstunde bieten wir für Betroffene psychotherapeutische und medikamentöse Behandlung an. Ob eine Kombinationsbehandlung oder einzelne Behandlungsbausteine für Sie in Frage kommen, besprechen wir gemeinsam mit Ihnen im Erstgespräch. 
 

Störungsspezifische, verhaltenstherapeutische Gruppentherapien

Wir bieten störungsspezifische, verhaltenstherapeutische Gruppentherapien für die Behandlung von Panikstörung mit und ohne Agoraphobie, Soziale Phobie und Generalisierte Angststörung an.

Die Gruppenbehandlung umfasst zehn Sitzungen (pro Woche eine Sitzung à zwei Stunden). Die Gruppen sind geschlossen, das heißt die Gruppenteilnehmenden starten und beenden die Gruppentherapie gemeinsam. Die Behandlungskosten werden von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. 


Vielleicht sind Sie unsicher, was mit Ihnen vor sich geht und wünschen sich eine professionelle Einschätzung Ihrer Beschwerden? Scheuen Sie sich nicht, uns zu kontaktieren. Ein erstes klärendes Gespräch kann oft bereits Entlastung schaffen! 

Wenn Sie an einer Behandlung interessiert sind, mailen Sie uns und nennen Sie uns in Ihrer Mail bitte Ihren Namen, Geburtsdatum, Anschrift sowie eine Telefonnummer unter der wir Sie erreichen können. Wir werden uns dann zeitnah telefonisch mit Ihnen in Verbindung setzen um einen Termin für ein telefonisches Erstgespräch mit unserer Psychologin zu vereinbaren.

In dem psychologischen Erstgespräch, das ca. 30 bis 40min dauern wird, werden wir klären ob eine Angststörung vorliegt und ob wir diese bei uns behandeln können. Sofern dies der Fall ist, wird es einen zweiten Termin vor Ort mit unserer Ärztin geben.

Sofern es Gründe gibt, die gegen eine angstspezifische Behandlung in unserer Angstsprechstunde spricht, beraten wir Sie gerne zu weiteren Beratungs-, Unterstützung- und Behandlungsmöglichkeiten.
 


Angst, Angststörungen und deren Behandlung

Die „normale“ Angst

Angst ist ein normales Gefühl, das jeder Mensch kennt. Angst zählt zu unseren Grundgefühlen, so wie auch Ärger, Freude, Ekel und Überraschung. Diese Gefühle können wir schon bei kleinen Kindern in allen Teilen der Welt beobachten. Alle diese Gefühle haben eine wichtige Funktion.

Angst ist überlebenswichtig. Sie warnt und schützt uns: Im Falle „normaler“ Angst zeigt diese uns an, dass eine tatsächliche Bedrohung vorliegt. Die körperliche Angstreaktion (z. B. erhöhter Herzschlag, stärkere Durchblutung der Muskulatur, Schweißproduktion) dient dazu, unseren Körper in Sekundenschnelle auf Kampf oder Flucht vorzubereiten. Angst hilft uns also dabei, uns gegen eine reale Gefahrenquelle zu verteidigen oder vor ihr zu fliehen.

Kurz: Angst hilft uns, handlungsfähig zu bleiben. Im Falle von gesunder, hilfreicher Angst hat diese also eine Warn- und Schutzfunktion: Sie zeigt uns reale Gefahren an und hilft uns, diese zu überwinden. Nach erfolgreicher Überwindung der Gefahr lässt die Angstreaktion nach und der Körper entspannt und regeneriert sich. 
Manchmal nehmen wir eine leichte Angst oder Nervosität in Situationen wahr, die nicht lebensgefährlich, aber dennoch unbekannt sind. Auch in unbekannten Situationen, kann ein gewisses Maß an Angst angemessen und hilfreich sein: Sie führt dann dazu, dass wir aufmerksamer und konzentrierter sind und ermöglicht uns somit eine bessere Anpassung an die Situation (z.B. Bewerbungsgespräch, Prüfung, Autofahren, Bus)
 

Bei manchen Menschen kommt es dazu, dass das Alarmsystem überempfindlich wird, d.h. es kann schon bei kleinsten, ungefährlichen Veränderungen in der Umwelt (oder auch bei Veränderungen im Körperempfinden) ausgelöst werden. So kann es zu „Störmeldungen“ kommen, d.h. es wird Angst ausgelöst, ohne dass objektiv eine Gefahr besteht (beim Small-Talk mit Kolleg*innen; beim Betrachten einer Spinne; beim Wahrnehmen eines erhöhten Puls´). Unser Angst-Alarmsystem ist im ursprünglichen Sinne des Wortes „gestört“. Dabei unterscheidet sich das Angstgefühl selbst, das in Situationen ohne erkennbaren Grund auftritt jedoch nicht von dem Angstgefühl, das in einer tatsächlichen Gefahrensituation auftritt. 

Wie bereits beschrieben, lässt die (gesunde) Angstreaktion nach Überwindung einer tatsächlichen Gefahr stets nach und der Körper schaltet auf Entspannung und Regeneration um. Bei einem überempfindlichen Alarmsystem kann es jedoch sein, dass unser Angstsystem quasi durchgehend „feuert“. Bemerkbar macht sich dies z.B. in einer anhaltenden muskulären Anspannung, innerer Unruhe, der Unfähigkeit zum Entspannen, oder auch in einer Lähmung körperlicher und geistiger Funktionen. 

Wenn die Angst so häufig und intensiv auftritt, dass sie belastend und quälend für den Betroffenen wird und ihn in seinem Leben erheblich einschränkt, kann es notwendig werden, professionelle Hilfe aufzusuchen. Unser gesundes Angstempfinden und unsere Angstreaktion sind im ursprünglichen Sinne des Wortes „gestört“ – daher sprechen wir von Angststörungen.

Angststörungen stellen die häufigsten psychischen Erkrankungen in Deutschland dar. Sie können in jedem Lebensalter erstmalig auftreten. Bestimmte Angststörungen (z.B. Phobien) treten jedoch häufig bereits im Kindes- und Jugendalter auf, andere hingegen, z.B. die Panikstörung oder die generalisierte Angststörung (s.a. „Die einzelnen Angststörungen“) meist erst im mittleren bzw. höheren Lebensalter.

Wissenschaftliche Daten zeigen, dass Frauen etwa doppelt so häufig wie Männer betroffen sind. Angststörungen gehen meist nicht nur mit Beeinträchtigungen des psychischen Wohlbefindens sondern auch deutlichen Beeinträchtigung des Alltags einher. Psychische Belastung und Alltagsbeeinträchtigungen sind einerseits durch die Angstsymptomatik selbst bedingt, andererseits durch das sogenanntes „Sicherheits- und Vermeidungsverhalten“, das Betroffene als Reaktion auf ihre Ängste entwickeln (s.a. „Das Problem mit der krankhaften Angst“).

Wichtig ist, dass Angststörungen behandelt werden. Studien zeigen deutlich, dass sich die Symptomatik ohne Therapie häufig verschlechtert oder die Beschwerden im Verlauf immer wieder auftreten.

Angststörungen werden in Abhängigkeit eines konkreten Auslösers in zwei Gruppen eingeteilt: Angststörungen, bei denen eine bestimmte Situation oder Gegenstand die Angstreaktion auslöst (z.B. Höhe, Enge, die Spinne, der Hund, Gewitter oder der Kontakt mit Blut) bezeichnet man als „phobische Angststörungen“ oder einfach nur „Phobien“. 

Angststörungen, bei denen es keinen entsprechenden „Trigger“ gibt, sind die sogenannten „nichtphobischen Angststörungen“, zu denen die Panikstörung sowie die Generalisierte Angststörung (GAS) zählen. 

  • Die spezifische Phobie 

Bei der spezifischen Phobie wird die Angstreaktion durch einen ganz bestimmten Gegenstand oder eine spezifische Situation ausgelöst. Der Trigger der Angst ist also relativ „isoliert“. Spezifische Phobien stellen die häufigste Form der Angststörung dar. Dies liegt daran, dass nahezu jede Situation oder jeder Gegenstand, der in unserer (sozialen) Umwelt vorkommt prinzipiell ein spezifisch-phobischer Trigger sein kann. Sucht man nach „spezifischen Phobien“ im Internet erhält man mitunter Listen, die bis zu mehrere hundert, meist lateinische Begriffe beinhalten, von denen jeder eine bestimmte spezifische Phobie bezeichnet. Jedoch sind nicht alle spezifischen Phobien gleich relevant in Bezug auf den Leidensdruck der Betroffenen und die Therapiebedürftigkeit der Symptomatik. Während Menschen mit einer „Paraskavedekatriaphobie“ (Angst vor Freitag, dem 13.) oder einer „Automatonophobie“ (Angst vor Puppen oder dem Menschen ähnlich sehenden Individuen) sehr selten bis gar nicht therapeutische Hilfe suchen, können eine „Akrophobie“ (Angst vor Höhe), eine „Klaustrophobie“ (Angst vor geschlossenen Räumen), oder eine „Zoophobie“ (Angst vor Tieren) eine große Belastung und Beeinträchtigung mit sich bringen. Traditionell werden fünf größere Übergruppen unterschieden, innerhalb derer sich die einzelnen spezifischen Phobien zusammenfassen lassen: Der situative Typ (z.B. Angst vor Enge oder Höhe), der Tier-Typ (z.B. Spinnen, Schlangen oder Mäuse), der Blut-, Verletzungs-, Spritzen-Typ (Angst davor Blut zu sehen, damit in Kontakt zu geraten oder abgenommen zu bekommen, aber auch eine Spritze zu erhalten), der Naturgewalten-Typ (z.B. Gewitter oder Sturm) sowie eine Restkategorie, in der alle übrigen spezifischen Phobien gesammelt werden. Aktuelle Daten zeigen, dass ca. 11% der deutschen Allgemeinbevölkerung unter einer spezifischen Phobie leiden.

  • Die Agoraphobie 

Die Agoraphobie ist mit ca. 4% Betroffener zwar seltener, aber insbesondere aufgrund der vielfältigen Situationen, die im Alltag die Symptomatik auslösen könne, für die Betroffenen meist deutlich relevanter. Die Agoraphobie ist durch eine Angst vor oder in Situationen charakterisiert, in denen beim plötzlichen Auftreten von hilflos machenden oder peinlichen Situationen eine Flucht nur schwer möglich oder aber keine Hilfe verfügbar wäre. Beispiele hierfür sind beispielsweise das Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel, von Fahrstühlen, der Besuch von Theater oder Kino, das Aufsuchen von Menschenmengen oder öffentlichen Plätzen, das (lange) Fahren auf der Autobahn, das Reisen alleine oder das Schlangestehen.  

  • Die soziale Phobie

Bei der sozialen Phobie wird die Angstreaktion durch Leistungs- und soziale Situationen ausgelöst (z.B. Vortrag halten, vor anderen Menschen reden, in der Öffentlichkeit essen, neue Menschen kennenlernen). Nicht selten haben Betroffene in jungen Jahren Ausgrenzung oder Abwertung erleben müssen und erwarten, von anderen (erneut) abgelehnt oder als „unfähig“ abgestempelt zu werden. Die Angst vor Ablehnung geht häufig mit Gefühlen von Scham einher. Gefürchtete Situationen werden von Betroffenen vermieden oder nur mit großem Unbehagen überstanden. In Situationen selbst haben Betroffene die Sorge, dass andere ihr Erröten, Zittern, Schwitzen oder Stammeln bemerken und sie als „komisch“ wahrnehmen. Dies führt zu einer intensiven Selbstbeobachtung („Zitter ich?“, „Wie hört sich meine Stimme an?“) und dem Rückgriff auf Sicherheitsstrategien (starkes Makeup, damit niemand das Erröten bemerkt; Funktionskleidung, in der Schweißflecken nicht bemerkt werden; Hände unterm Tisch halten, damit Zittern nicht bemerkt wird). 

  • Die generalisierte Angststörung 

Die generalisierte Angststörung (GAS) hat ihren Namen daher, dass die Ängste und Angstreaktionen der Betroffenen nicht auf spezifische, isolierte Situationen beschränkt sind, sondern sich auf viele Lebensbereiche generalisiert, also ausgeweitet haben. Betroffene erleben eine andauernde Besorgnis und Befürchtungen bzgl. der eigenen Unversehrtheit oder der Nahestehender, der finanziellen Zukunft. Viele Situationen und Orte können die eigenen Sorgen „triggern“, so z.B. ein Film, in dem die Hauptfigur erkrankt, eine Nachrichtenmeldung über einen Autounfall, Friedhöfe, Krankenhäuser, Autofahren. Entsprechende Situationen werden vermieden oder durch mit großer Unruhe überstanden. Die ständige psychische Anspannung, die bei den Betroffenen durch die chronischen Sorgen besteht, führt bei den Betroffenen auf körperlicher Ebene häufig zu unterschiedlichen Beschwerden. Kopfschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit oder Durchfall oder auch chronische Schmerzen durch Muskelverspannung sind häufige Folgen des „sich Sorgens“. Die körperlichen Symptome werden häufig durch die Betroffenen als erstes wahrgenommen bzw. als vordergründig erlebt. Entsprechend stellen sie sich häufig auch zuerst bei der Hausärztin oder beim Facharzt vor, da sie eine körperliche Erkrankung als Ursache annehmen. Erst nach (wiederholt) unauffälligen Untersuchungen suchen sie, häufig auf Anraten der Ärzt:innen, eine Psychiaterin oder einen Psychotherapeuten auf. Diese können dann im Rahmen einer ausführlichen Diagnostik häufig relativ schnell die Sorgen und Befürchtungen aufdecken, die hinter den körperlichen Symptomen stecken.                   

  • Die Panikstörung 

Die Panikstörung zeichnet sich durch das wiederholte Erleben unvermittelter, plötzlicher und schwerer Panikattacken aus. Diese kommen für die Betroffenen „wie aus heiterem Himmel“ – sind also für sie nicht auf einen spezifischen Auslöser zurückzuführen. 
In Panikattacken erleben Betroffene eine plötzliche, intensive Angst, die anfallartig auftritt, mit ausgeprägten körperlichen Symptomen verbunden ist (z.B. Herzrasen, Atemnot, Zittern, Schwitzen etc.) und innerhalb weniger Minuten ihren Höhepunkt erreicht. Eine Panikattacke dauert dabei meist 10-30 Minuten. Da die Panikattacken unerwartet, also ohne erkennbaren Grund, auftreten, können Betroffene die während einer Panikattacke auftretenden Symptome nicht als solche erkennen. 
Die Angstsymptome werden als Zeichen von Gefahr bewertet („Ich kriege einen Herzinfarkt“, „Ich verliere den Verstand“, „Ich falle in Ohnmacht“). Diese Gedanken lösen wiederum Angst aus, die zu weiteren körperlichen Veränderungen führt, die wiederum als Gefahr bewertet werden. Katastrophisierende Gedanken und die körperlichen Angstreaktionen schaukeln sich somit gegenseitig auf. Betroffene erleben sich den Panikattacken gegenüber hilflos ausgeliefert.
Da die Panikattacken selbst als bedrohlich und unvorhersehbar erlebt werden, entwickelt Betroffene nach der ersten oder zweiten Panikattacke meist eine ausgeprägte Angst vor der nächsten Panikattacke – eine „Angst vor der Angst“. Diese sogenannte „Erwartungsangst“ kann dabei dazu führen, dass Betroffene vermehrt auf körperliche Veränderungen achten.
 

Der Leidensdruck für Betroffene von Angststörungen resultiert zunächst aus der Belastung, die sich ganz unmittelbar aus der jeweiligen Angstsymptomatik ergibt: also die Belastung während einer Panikattacke, während der Konfrontation mit dem phobisch besetzten Gegenstand oder durch die andauernden und exzessiven Sorgen.

Insbesondere bei den Phobien und der Panikstörung spielt darüber hinaus jedoch auch die sogenannte „Angst vor der Angst“ eine große Rolle. Die meisten der Betroffenen entwickeln im Verlauf der Erkrankung eine überdauernde Angst vor der nächsten Panikattacke oder der erneuten Konfrontation mit der gefürchteten Situation oder dem Objekt. Hierbei kann es durchaus vorkommen, dass diese „Erwartungsangst“ nahezu genauso belastet und das alltägliche Leben einschränkt wie die eigentliche Angstsymptomatik selbst. Nicht zuletzt ist jedoch das sogenannte „Sicherheits- und /oder Vermeidungsverhalten“ gegenüber den speziellen Auslösern der Symptomatik von zentraler Bedeutung für die Betroffenen.

  • Sicherheits- und Vermeidungsverhalten bei Phobien 

Menschen mit Phobien begeben sich entweder irgendwann gar nicht mehr in die gefürchtete Situation oder sie durchstehen eine entsprechende Situation nur unter starker Angst bzw. mit Hilfe bestimmter „Techniken“, die ihnen dabei helfen sollen, die Angst zu „kontrollieren“. So setzen sich viele Betroffene nur noch in Begleitung anderer Personen den entsprechenden Triggern aus oder haben immer ein vollständig aufgeladenes Handy dabei, um im „Notfall“ unmittelbar Hilfe rufen zu können. Andere hören beispielsweise Musik, gehen in Gedanken Zahlenreihen durch oder trinken kontinuierlich kalte Getränke – hierdurch wird ein „Gegenreiz“ gesetzt, der von der Angst ablenken soll. Wieder andere bereiten sich akribisch auf Leistungs- und soziale Situationen vor oder tragen in gefürchteten Situationen extra Kleidung oder Makeup, die Rotwerden oder Schwitzen „verdeckt“. 
Im Extremfall erscheint die gefürchtete Situation nur nach Einnahme von Beruhigungsmitteln oder dem Konsum von Alkohol bewältigbar. Dies ist jedoch nicht nur nicht nachhaltig gegen die Angst wirksam, sondern birgt langfristig auch die Gefahr einer Substanzabhängigkeit. 

  • Sicherheits- und Vermeidungsverhalten bei der Panikstörung

Im Fall einer Panikstörung zeigt sich das Vermeidungsverhalten v.a. gegenüber körperlichen und psychischen Symptomen, die mit einer Panikattacke assoziiert sind (z.B. Herzrasen, Atemnot, Schwitzen, Schwindel, Übelkeit). Dies führt häufig zu körperlichem Schonverhalten – die Betroffenen treiben keinen Sport mehr oder verlassen bei heißem Wetter nicht mehr da Haus. In der Annahme, dass unerklärbare Körperreaktionen jederzeit wieder auftreten könnten, neigen Betroffene zu einer erhöhten Selbstbeobachtung und sogenanntem Sicherheitsverhalten (häufiges Messen von Blutdruck, Sauerstoffgehalt oder Puls; häufige Arzt- oder Krankenhausbesuch).

Da Sicherheits- und Vermeidungsverhalten erscheint zunächst einmal nachvollziehbar – niemand möchte (regelmäßig) Angst erleben. Das große Problem dabei ist jedoch: Sowohl bei Phobien und der Panikstörung schränkt sich der Aktionsradius der Erkrankten durch das Vermeidungs- bzw. Schonverhalten schließlich immer weiter ein und auch das Sicherheitsverhalten kann eine autonome Lebensführung im Verlauf sehr erschweren oder sogar unmöglich machen. So kann der Weg zur Arbeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder allein auf der Bundesstraße, der Besuch von Kinos, Theatern und vollen Stadien oder der Wochenendeinkauf irgendwann nur noch unter Einsatz der „Hilfsmaßnahmen“ bewältigt werden. Wurde jedoch vergessen, das Handy aufzuladen, den iPod einzupacken oder die Flasche Wasser mitzunehmen, wird die Reise, der Besuch oder der Einkauf unmittelbar abgebrochen oder erst gar nicht erst begonnen. Kommen Substanzen wie Alkohol oder Beruhigungsmittel ins Spiel, steigt darüber hinaus das Risiko einer Suchterkrankung. 

  • Sicherheits- und Vermeidungsverhalten bei der Generalisierten Angststörung 

Bei der Generalisierten Angststörung kann sich das Vermeidungsverhalten ebenfalls konkret auf Orte oder Situationen beziehen (z.B. Krankenhäuser, Friedhöfe oder Autofahren) beziehen, die mit den einzelnen Sorgeninhalten wie Gesundheit oder persönlicher Sicherheit unmittelbar in Verbindung stehen. Die Besonderheit bei der GAS ist jedoch, dass das „sich Sorgen“ selbst das eigentliche, gedankliche und in der Regel viel problematischere Vermeidungsverhalten darstellt. Durch diese Denkweise selbst wird verhindert, dass sich die Betroffenen mit den Befürchtungen konstruktiv und zielführend auseinandersetzen; vielmehr werden die Sorgen irgendwann zum Selbstzweck und nehmen kein Ende mehr. Dies ist für die Betroffenen häufig zunächst nicht leicht zu verstehen, da sie häufig die Wahrnehmung haben, dass sie eben alles genau „durchdenken“ und deshalb die Sorgen ihnen gerade dabei helfen, „Schlimmes“ oder „Katastrophen“ zu verhindern. Gleichzeitig befürchten viele Betroffene, dass sie aus den Sorgenschleifen nicht mehr herauskommen, möglicherweise durch diese sogar „verrückt“ werden. Beide Einstellungen („Sorgen sind wichtig“; „Sorgen sind gefährlich“) führen jedoch dazu, dass das „sich Sorgen“ nur noch schlimmer wird, sich die Spirale weiter beschleunigt und die Belastung stetig zunimmt. In Analogie zum Sicherheitsverhalten bei den Phobien und der Panikstörung besteht bei der GAS ein Rückversicherungsverhalten – dies ist jedoch genauso problematisch für die Aufrechterhaltung der Symptomatik. Viele Patient:innen mit einer GAS könne sich nur dadurch (kurzfristig) beruhigen bzw. die Sorgen vorübergehend reduzieren, indem sie sich immer wieder, fast sogar dauernd vergewissern, dass die befürchteten Situationen nicht eingetreten sind. So suchen viele Betroffene häufig Ärzt:innen auf, um schwere Krankheiten auszuschließen – auch bei harmlosen Körpersymptomen oder bei Konfrontation mit Erkrankungen im Bekanntenkreis bzw. in den Medien. Andere vergewissern sich ständig telefonisch bei Angehörigen, ob sie während eines Autofahrt auch sicher unterwegs sind oder bei der KiTa, ob es dem Kind gut geht. Der Ausschluss einer Diagnose, der Kontakt zu den Reisenden oder der Kita-Betreuerin beruhigt zwar – jedoch nur kurzfristig. Werden die Betroffene mit anderen Symptomen oder einer anderen Erkrankung (un)mittelbar konfrontiert oder können zwei Stunden später den Telefonkontakt nicht herstellen, beschleunigt sich das „Sorgenkarussel“ meist unmittelbar erneut. Auf diese Art verfestigt sich bei den Betroffenen die Überzeugung, dass sich nur durch ein nahezu ständiges „sich Sorgen“ und (hoch)frequente umfassende Rückversicherungen ein einigermaßen sicheres Leben führen lässt. Die ständige psychische Anspannung, die bei den Betroffenen durch die chronischen Sorgen besteht, führt bei den Betroffenen auf körperlicher Ebene häufig zu unterschiedlichen Beschwerden. Kopfschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit oder Durchfall oder auch chronische Schmerzen durch Muskelverspannung sind häufige Folgen des „sich Sorgens“. Die körperlichen Symptome werden häufig durch die Betroffenen als erstes wahrgenommen bzw. als vordergründig erlebt. Entsprechend stellen sie sich häufig auch zuerst bei der Hausärztin oder beim Facharzt vor, da sie eine körperliche Erkrankung als Ursache annehmen. Erst nach (wiederholt) unauffälligen Untersuchungen suchen sie, häufig auf Anraten der Ärzt:innen, eine Psychiaterin oder einen Psychotherapeuten auf. Diese können dann im Rahmen einer ausführlichen Diagnostik häufig relativ schnell die Sorgen und Befürchtungen aufdecken, die hinter den körperlichen Symptomen stecken.
 

Angststörungen können medikamentös und psychotherapeutisch behandelt werden. Gemäß der S3-Leitlinien zur Behandlung von Angststörungen wird eine Kombination aus Psychopharmakotherapie und Psychotherapie empfohlen. Unter den Psychotherapierichtungen verfügt die Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) über den höchsten Evidenz- und Empfehlungsgrad (Ia, A), d.h. sie hat sich in den meisten Studien als wirksamste Psychotherapie in der Behandlung von Angststörung herausgestellt.

Die psychotherapeutische Behandlung von Angststörungen 

Bei Menschen mit Angststörungen ist das Angst-Alarmsystem überempfindlich, d.h. es kann schon bei kleinsten, ungefährlichen „Triggern“ aktiviert werden oder sogar durchgehend „feuern“, sodass Menschen sich durchgehend angespannt und unruhig fühlen. 
Da die Angstreaktion selbst als bedrohlich erlebt wird, entwickelt Betroffene eine Angst vor der Angst. In der Folge versuchen sie, allem aus dem Wege zu gehen, das Angst auslösen könnte. Dieses Sicherheits- oder Vermeidungsverhalten schränkt zum einen die Lebensqualität deutlich ein, zum anderen hält es die Angststörung aufrecht. Denn durch das Vermeiden jeglicher Angstauslöser (Herzklopfen nach Sport, S-Bahn-Fahren, soziale und Leistungssituationen) können Betroffene nicht die Erfahrung machen, dass sie die gefürchteten Situationen überstehen können. Ihre Befürchtungen (bspw.: „Wenn mein Herz so weiter schlägt, werde ich einen Herzinfarkt bekommen“, „Wenn ich alleine S-Bahn fahre, könnte ich ausflippen“, „Wenn ich ein Referat halte, werden andere mein Zittern bemerken und mich für inkompetent halten und auslachen“) können also nicht „korrigiert“ werden. Sie können nicht die Erfahrung machen, dass die Angst sie nicht umbringt oder dass Kollegen sie trotz ihres Zitterns für liebenswert halten.

In einer KVT werden Betroffene zunächst dabei unterstützt herauszufinden welche Situationen, Gedanken oder Körperempfindungen Angst auslösen und welche Gedanken und Verhaltensweisen ihre Angst verstärken oder aufrechterhalten. Zentral dabei ist das Verständnis dafür, dass die Verhaltensweisen, die Betroffene nutzen um der Angst kurzfristig zu „entkommen“ die Angst langfristig aufrechterhalten. Sobald dieser Mechanismus verstanden ist, erfolgt der nächste Schritt der Behandlung:  die gezielte Konfrontation mit den „Angstauslösern“ ohne Rückgriff auf das individuelle Sicherheits- und Vermeidungsverhalten. Diese Konfrontation wird „Exposition“ genannt. Wir unterscheiden Expositionen in vivo (lat. für „im echten Leben, draußen“) und Expositionen in sensu (lat. für „im Sinne“, imaginiert).  Hier einige Beispiele für Expositionen: 

  • Spezifische Phobie (in vivo): Auf einen hohen Turm gehen (bei Höhenangst), eine Ratte anschauen / streicheln (bei Angst vor Ratten), in ein Flugzeug steigen (Flugangst)
  • Agoraphobie (in vivo): Aufsuchen von öffentlichen Verkehrsmitteln, öffentlichen Plätzen oder Supermarktschlangen ohne Traubenzucker, Wasser, Notfallmedikamente mit sich zu führen.
  • Soziale Angststörung (in vivo): Aufsuchen sozialer oder Leistungssituationen, z.B. jemanden nach dem Weg fragen, in der Öffentlichkeit essen, eine Zeitschrift kaufen, ein Gespräch führen, ein Referat halten ohne sich (über die Maßen) darauf vorzubereiten, sich dabei abzulenken oder an einem Glas Wasser „festzuhalten“
  • GAS: Detailliertes Vorstellen und Zu-Ende-Denken von Katastrophenszenarien (in sensu), und Konfrontation mit angstauslösenden Triggern, bspw. dem Hören von Nachrichten, Straße überqueren, dem Besuch eines Krankenhauses / Friedhofs (in vivo)
  • Panikstörung: Absichtliches Provozieren und Erleben von intensiven Körpersensationen wie Schwindel, Herzrasen, Zittern

Bei der Durchführung von Expositionen ist es wichtig, dass Betroffene ihre üblichen Vermeidungs- und Sicherheitsstrategien gut kennen. Denn während der Exposition soll auf Vermeidungsverhalten verzichtet werden, damit die Angst maximal werden kann. Nur so können Betroffene die Erfahrung machen, dass die befürchteten Konsequenzen nicht eintreten und die Angst von selbst abnimmt. Wir nennen dies „kognitive Umstrukturierung“: eingefahrene Annahmen über den Charakter der Angst oder darüber, welche Situationen „gefährlich“ sind, werden gewissermaßen neu geordnet. Nach und nach verlieren Betroffene so die Angst vor der Angst. Sie erleben, das Angst nur ein Gefühl ist, vor dem man nicht zu fliehen braucht und gewinnen so Stück für Stück ihren gewohnen Lebensradius zurück. Ein weiterer Bestandteil der KVT ist der Aufbau von Fertigkeiten des Stressmanagements.

Die medikamentöse Behandlung von Angststörungen
Für die medikamentösen Behandlung der Panikstörung, der Agoraphobie, der Generalisierten Angststörung und der sozialen Phobie sind Substanzen, die ursprünglich einmal als Antidepressiva entwickelt wurden, gegenwärtig die erste Wahl. Es handelt sich hierbei um die Wirkstoffgruppen der sog. „Selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer“ (kurz: SSRI) und der „Selektiven Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer“ (kurz: SSNRI). Bereits in den Namen enthalten sind die zwei Botenstoffe (oder „Neurotransmitter“) Serotonin und Noradrenalin, die eine wichtige Rolle bei der Stress- und Emotionsregulation im Gehirn spielen. Insbesondere Serotonin hat u.a. die Aufgabe, die Aktivität von verschiedenen Hirnbereichen, die an der Wahrnehmung und Bewertung von bedrohlichen und angstauslösenden Sinneswahrnehmungen sowie für Auslösung von mit Angst verbundenen Körperreaktionen und Verhaltensweisen (z.B. Herzrasen, Schwitzen, Muskelzittern, Tunnelblick, schnelle Atmung) beteiligt sind, zu kontrollieren. Durch die Einnahme von SSRI und SSNRI erhöht sich die Konzentration von Serotonin im Gehirn. Dies führt dazu, dass die Aktivität dieses sogenannten „Angstnetzwerks“ heruntergefahren wird und sich so die Angstsymptomatik bessert.

SSRI (z.B. Citalopram, Escitalopram, Paroxetin und Sertralin) und SSNRI (Duloxetin und Venlafaxin) sind in der Regel gut verträglich, auch bei Menschen mit körperlichen Erkrankungen meistens gut einsetzbar und besitzen kein Abhängigkeitspotential. Es dauert jedoch bei regelmäßiger Einnahme bis zu sechs Wochen, bis ein Effekt einsetzt. 
Daneben gibt es noch die Benzodiazepine, die landläufig auch als „Beruhigungsmittel“ bezeichnet werden. Durch sie wird der Botenstoff Gamma-Aminobuttersäure (GABA) im Gehirn verstärkt. GABA ist der Botenstoff, der am stärksten und schnellsten die Aktivität von Nervenzellen im ganzen Gehirn vermindert – und damit auch die des „Angstnetzwerks“. Dies erklärt den meist unmittelbaren angstreduzierenden Effekt von Benzodiazepinen wie Alprazolam, Bromazepam, Diazepam, Clonazepam oder Lorazepam, der meist innerhalb von wenigen Minuten einsetzt. Hierdurch lassen sich jedoch auch die relativ vielen und meist ungünstigen Nebenwirkungen dieser Substanzen erklären, von denen Müdigkeit, Konzentrationsstörungen und eine erhöhte Sturzgefahr (durch Muskelentspannung) nur einige sind. Das größte Problem ist jedoch das Suchtpotential dieser Substanzen. Um eine Abhängigkeit zu vermieden sollten sie nicht länger als sechs Wochen eingenommen werden. Entsprechend spielen Benzodiazepine in der mittel- bis langfristigen Therapie von Angststörungen keine Rolle und sollten ausschließlich Ausnahmefällen vorbehalten bleiben. 
 


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