Weltweit sind etwa 55 Millionen Menschen von Demenzerkrankungen betroffen, davon rund 1,8 Millionen allein in Deutschland. Aufgrund der steigenden Lebenserwartung rechnen Fachleute bis zum Jahr 2050 mit bis zu 2,8 Millionen Betroffenen.
Seit 1994 findet jedes Jahr am 21. September der Welt-Alzheimertag statt, um die Gesellschaft auf das Thema Demenz aufmerksam zu machen. Für Menschen mit Demenz, aber auch ihre Angehörigen ist es dabei sehr wichtig, mit anderen Menschen verbunden zu bleiben. Die Betroffenen sollen erleben, dass sie mit ihrer Erkrankung akzeptiert werden und dazugehören.
Alzheimer ist die häufigste Form von Demenz und derzeit nicht heilbar. Die Erkrankung des Gehirns führt zum Verlust geistiger Funktionen wie Denken, Sprache, Urteilsfähigkeit und Orientierung durch die Schädigung von Gehirnzellen.
Wir haben mit unseren Experten Prof. Dr. med. habil. Vjera Holthoff-Detto, Chefärztin der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Alexianer Krankenhauses Hedwigshöhe und Dr. med. Rainer Koch, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin - Schwerpunkt Geriatrie, der St. Hedwig Kliniken in Berlin gesprochen:
Wie erkennen Sie, ob ein*e Patient*in an Alzheimer leidet?
Die meisten Betroffenen kommen erst zu uns, wenn die Krankheit schon in einem fortgeschrittenerem Stadium ist. Hier sind die Symptome klar zu erkennen und äußern sich durch beispielsweise Gedächtnis- und Wortfindungsstörungen oder Orientierungsschwierigkeiten.
Viel wichtiger für die Betroffenen und die Behandlung der Krankheit ist aber die Früherkennung. Hier sind es oft die Angehörigen, die erste frühe Symptome wahrnehmen, z. B., dass plötzlich kurzfristige Erinnerungen aus den letzten Tagen fehlen. Patient*innen sagen oft zu mir: „Es ist wie weggewischt.“ Das hängt damit zusammen, dass kurzfristige Informationen nicht mehr im Gehirn abgespeichert werden können.
Weitere Symptome können unterschiedlich stark hinzukommen. Plötzlich ziehen sich die Betroffenen zurück, nehmen nicht mehr an Aktivitäten des Lebens teil, die sie bis dahin gern und regelmäßig gemacht haben, z.B. hören diese auf, sich um den Garten zu kümmern oder wollen keine Karten mehr spielen. Das hängt damit zusammen, dass die Betroffenen zwar mitbekommen, dass irgendwas mit ihnen „nicht stimmt“, dies aber nicht einordnen können und dann verunsichert sind.
Wenn die Betroffenen zu uns kommen und erste einfache Tests darauf hinweisen, dass eine Alzheimer Erkrankung vorliegen könnte, werden weitere diagnostische Verfahren mit etablierten Tests von Neuropsycholog*innen durchgeführt. Und auch bildgebenden Verfahren, wie CT und MRT gehören zur weiteren Diagnostik.
Sie haben täglich mit Patient*innen mit Demenz zu tun. Wie äußert sich die Krankheit im Alltag?
Angehörige nehmen bei fortschreitender Krankheit oft Verhaltensänderungen wahr. Die Betroffenen sind reizbar und ungeduldig, vertraute Angewohnheiten gehen verloren. Plötzlich liegt der Schlüssel im Eisfach oder das Brot im Bad. Die Orientierung wird schwieriger. Auf vertrauten Strecken wissen die Betroffenen nicht mehr, ob sie rechts oder links langgehen sollen. Sie verlaufen sich öfter, merken dies auch selbst und sind dadurch verunsichert.
Das soziale Umfeld der Betroffenen reagiert sehr unterschiedlich. Manche sind einfach nur verwundert über die Verhaltensänderungen, andere ärgern sich oder schieben es auf das voranschreitende Alter.
Auf alle Fälle sollten Angehörige und Betroffene früh aktiv werden! Sobald plötzliche Verhaltensänderungen auftreten sollten diese Beobachtungen dem Hausarzt geschildert werden.
Was glauben Sie, benötigen Alzheimer-Patient*innen, um gut leben zu können?
Hier möchte ich besonders das soziale Umfeld hervorheben. Für die Betroffenen ist es enorm wichtig, dass Familie und Freunde offen auf die veränderten Verhaltensweisen reagieren und die Krankheit akzeptieren. Das Verbalisieren von Situationen und Gefühlen nimmt den Betroffenen die Hemmungen und die Unsicherheit und hilft ihnen ihr Verhalten einordnen zu können.
Die Betroffenen wollen weiterhin am Leben teilnehmen, soziale Kontakte pflegen, gebraucht werden und einfach weiterhin dazugehören. Auch das gemeinsame Erinnern an alte Zeiten gehört dazu. Zusammen mit den speziellen Medikamenten, den Antidementiva, können wir so eine bestmögliche Lebensqualität erreichen. Früh genug eingesetzt, können Antidementiva den Verlauf verlangsamen und die Verhaltensänderungen verringern. Wir gehen davon aus, dass wir in ein paar Jahren noch mehr über die komplexe Krankheit Alzheimer wissen und sich dementsprechend auch die Medikation verbessern wird.
Mehr Informationen finden Sie in der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik und der Klinik für Innere Medizin – Schwerpunkt Geriatrie